zurück zur Übersicht Todesopfer

25. März 2001 — 38 Jahre

Der 38-jährige Willi Worg wurde am 25. März 2001 in Milzau (Saalekreis) von fünf jungen Männern misshandelt und starb drei Tage später an seinen schweren Verletzungen.

 

Wer war Willi Worg?

Über das Leben und die Persönlichkeit Willi Worgs ist uns nur wenig bekannt. Er arbeitete eine Zeit lang als Bauarbeiter und wurde frühzeitig verrentet. Willi Worg wird als ruhige Person beschrieben, die jedem Streit aus dem Wege ging. Er hinterließ eine Schwester.

 

Was ist passiert?

In der Nacht zum Samstag war Willi Worg zunächst mit Freunden in einem Lokal. Anschließend zog er noch alleine weiter in die örtliche Diskothek „Chic“. An der Theke traf er auf einen 19-Jährigen, der ihn erbost fragte, ob er Anzeige gegen ihn erstattet habe. Denn gerade zwei Wochen zuvor war ihm eine Anklage wegen Fahrens ohne Fahrererlaubnis und unterlassener Hilfeleistung zugestellt worden: Bereits sieben Monate war es her, dass der Onkel des 19-Jährigen den nach Besuch derselben Disko stark alkoholisiert auf der Fahrbahn liegenden Willi Worg nachts mit seinem PKW überrollt und eine kurze Strecke mitgeschleift hatte. Der 19-Jährige war – ebenfalls alkoholisiert und ohne Fahrererlaubnis – mit einem Moped hinter seinem Onkel her gefahren. Doch weder der Onkel noch sein Neffe selbst kümmerten sich um Hilfe für den offensichtlich schwer Verletzten, der fünf Wochen im Krankenhaus behandelt werden musste.

Willi Worg ignorierte die Frage des 19-Jährigen, der daraufhin aggressiv wurde und Willi Worg unter anderem mit den an den Wirt gerichteten Worten „Nimm den weg, der stinkt!“ beleidigte. Als der 38-Jährige gegen 4 Uhr bezahlte, beschloss der 19-Jährige, Willi Worg als Strafe für die Anzeige zusammenzuschlagen und auszurauben. Hierüber verständigte er sich noch in der Diskothek mit vier weiteren Rechten, die den 38-Jährigen zum Ausgang verfolgten und ihn nach wenigen Metern draußen einholten. Der 19-Jährige brachte Willi Worg sofort mit einem kräftigen Faustschlag ins Gesicht zu Boden, wo ihm sein 14-jähriger Begleiter einen wuchtigen Tritt in den Bauch versetzte. Dann schleifte die Gruppe Willi Worg auf eine etwas abseits gelegene Wiese, wo sie ihn erfolglos nach Geld durchsuchte.

Schließlich traten der 14- sowie ein 20-Jähriger mit ihren Springerstiefeln massiv auf den regungslos am Boden Liegenden ein. Anschließend gingen die Angreifer zurück in die Disko, wo sie weiter Alkohol tranken. Erst vier Stunden später, gegen 8:30 Uhr, wurde Willi Worg – durch den anhaltenden Regen stark unterkühlt – von einem Nachbarn gefunden, ins Klinikum Merseburg gebracht und sofort notoperiert. Drei Tage später starb Willi Worg im Krankenhaus an einer Bauchfellentzündung infolge seines zerrissenen Zwölffingerdarms. Fast alle seine inneren Organe waren zerrissen oder zerquetscht worden.

 

Der Prozess gegen die Täter

Im Prozess gegen die fünf Angeklagten wegen versuchten Raubes und Körperverletzung mit Todesfolge sprach die Staatsanwaltschaft Halle von „unglaublicher Brutalität“. Auch ordnete sie alle Angeklagten der rechten Szene zu. Die zur Tatzeit 14- und 20-Jährigen waren zudem u.a. wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafrechtlich vorbelastet. Trotzdem sah die Staatsanwaltschaft kein politisch rechtes Motiv für die Tat.

Die Jugendkammer des Landgerichts Halle bewertete die Tat und die Motivation der Täter anders: Am 13. November 2001 wurden der 14- sowie der 20-Jährige wegen Mordes, die anderen Angeklagten wegen Beihilfe zum Mord und alle fünf wegen versuchten Raubes mit Todesfolge zu Haftstrafen zwischen vier und acht Jahren verurteilt. In der Urteilsbegründung sagte die Vorsitzende Richterin, die Täter hätten Willi Worg „regelrecht zertreten“ und sah auch einen Zusammenhang zwischen der Brutalität und der rechten Einstellung der Angeklagten.

Anfang 2003 hob der Bundesgerichtshof das Urteil mit der Begründung auf, dass auch in Betracht gezogen werden müsste, die Täter hätten die Gefahr einer Tötung durch derartige Tritte nicht erkannt. Im Revisionsprozess vor einer anderen Kammer erhielten sie Ende Mai 2003 wegen gemeinschaftlich begangenen versuchten Raubes mit Todesfolge schließlich Haftstrafen zwischen zweieinhalb und sieben Jahren.

 

Öffentliches Gedenken

Viele Jahre gab es – von der Erinnerungswebsite und Gedenkposts der Mobilen Opferberatung und weiterer Aktiver abgesehen – keine Initiative für ein öffentliches Gedenken an den Getöteten. Auch am damaligen Tatort deutet nichts mehr auf das brutale Verbrechen hin. Seit 2020 erinnern im RATS Kulturzentrum in Obhausen (Saalekreis) Aktive auch an Willi Worg und errichten seitdem u.a. am Todestag temporäre Gedenkorte in Milzau.

 

Willi Worg wird von der Landesregierung nicht offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.