„Das Schicksal von Hans-Joachim Sbrzesny darf ebenso wenig vergessen werden wie das von Alberto Adriano.“
Ein aktuelles Interview mit Joachim Liebig, Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, zum diesjährigen Tag der Erinnerung und das Gedenken an Hans-Joachim Sbrzesny..
Herr Liebig, wann haben Sie das erste Mal von dem Mord an Hans-Joachim Sbrzesny erfahren?
Mitte Mai 2013 habe ich, wie schon in früheren Jahren, an der Gedenkveranstaltung für Alberto Adriano teilgenommen. Damals war im Multikulturellen Zentrum die Ausstellung „Opfer rechter Gewalt seit 1990“ zu sehen. In diesem Zusammenhang erfuhr ich auch vom Schicksal von Hans-Joachim Sbrzesny, das mich sehr bewegt hat.
Wie ist es dazu gekommen, dass in diesem Jahr erstmals ein öffentliches Gedenken an Hans-Joachim Sbrzesny stattfinden wird?
Auch Hans-Joachim Sbrzesny ist von Männern ermordet worden, die glaubten, sich mit ihrer furchtbaren Tat und in ideologischer Verblendung über ihn erheben zu können. Sein Schicksal darf ebenso wenig vergessen werden wie dasjenige von Alberto Adriano, denn auch er ist ein Opfer rechter Gewalt. Deshalb setze ich mich für dieses Gedenken ein.
Und was ist Ihnen daran persönlich besonders wichtig?
Rechtes Gedankengut richtet sich mit Gedanken, Worten und Taten nicht nur gegen Menschen anderer Hautfarbe und Gesinnung, sondern oft auch gegen Benachteiligte, Kranke und Schwache. Das Leben anderer Menschen für weniger wertvoll als das eigene zu erachten, ist verabscheuungswürdig und widerspricht christlichem Denken, denn vor Gott sind alle Menschen gleich. Mit dem Gedenken an Hans-Joachim Sbrzesny setzen wir deshalb nicht nur ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit, sondern werben für mehr Toleranz für Andersdenkene und Menschen, die im Alltag eigentlich besonders unsere Hilfe brauchen. Ihnen sollte nicht nur unsere Toleranz, sondern auch unsere Unterstützung gelten. Deshalb finde ich es auch wirklich wichtig, wenn sich mehr Menschen im Rahmen der Kampagne „Wir erinnern an Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt“ beteiligen und freue mich sehr, dass Landesbischöfin Junkermann auch zu den Unterstützerinnen der Kampagne gehört.
Vielen Dank für das Gespräch!